Gegendarstellung
Aus Buskeismus
Printmedien, Rundfunkanbieter und Internetmedien sind in den Landesgesetzen (Pressegesetzen, Rundfunkgesetzen, Mediengesetzen) und Rundfunkstaatsverträgen beim Vorwurf falscher Tatsachenbehauptung zur baldmöglichen Gegendarstellung verpflichtet.
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Voraussetzungen
Betroffene, die in den Medien geäußerte Tatsachenbehauptungen bestreiten, können vom entsprechenden Medium den Abdruck bzw. die Sendung der eigenen Sicht der behaupteten Tatsache verlangen, nicht allerdings die Verbreitung eigener Meinungsäußerung.
Der gewünschte Gegendarstellung muss sachlich gehalten und eng an kritisierten Äußerung orientiert sein.
Der Anspruch muss kurzfristig, spätestens nach drei Monaten geltend gemacht werden.
Die gewünschte Gegendarstellung darf der Betroffene selbst formulieren, sie muss nicht der Wahrheit entsprechen. Eine Gegendarstellung sagt also wenig über den Wahrheitsgehalt der Erstäußerung aus, sondern gibt nur die Sicht des Betroffenen wieder.
Je nach Bundesland darf die Gegendarstellung redaktionell kommentiert werden (Redaktionsschwanz). (Heute praktisch überall.)
Praktische Bedeutung
Der Anspruch Gegendarstellungen ist nach dem in der Praxis dominierenden Unterlassungsanspruch der häufigste Anspruch im Presserecht. Häufig scheitert er, weil eine zu weitgehende Gegendarstellung verlangt wurde.
Den Gegensatz zur Gegendarstellung bildet der Anspruch auf redaktionellen Widerruf bei gerichtlich bewiesenem Gegenteil.
Rechtsweg
Der Rechtsanspruch auf eine Gegendarstellung kann außergerichtlich sowie im Zivilrechtsweg eingefordert werden.
Die gerichtliche Geltendmachung einer Gegendarstellung ist nur durch Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zulässig. Im Widerrufs-Verfahren ist eine Gegendarstellung nicht erfolgreich. (Andreas Buske am 04.08.2006).
Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Sitz des Verbreiters. Da der Anspruch auf Gegendarstellung nicht aus dem Deliktsrecht resultiert, gilt diesbezüglich nicht der fliegende Gerichtsstand.
Urteile
Ein Anspruch auf Gegendarstellung kommt in Betracht, wenn die beanstandete Äußerung mindestens ebenso gut als Tatsachenbehauptung wie als Meinungsäußerung zu verstehen ist (amtl. Leitsatz: 9 U 215/04 - Kammergericht Berlin).
Das Urteil des Landgerichts München I Az.:9 0 19309/05 bietet ein weiteres Musterbeispiel für den Missbrauch des Rechts auf Gegendarstellung. Zu vier Erklärungen wurden Gegendarstellungen begehrt. Jedoch:
- Der Artikel enthielt die im ersten Antrag unterstellte Behauptung nicht, - auch nicht in der Form eines Eindrucks.
- Zur zweiten Forderung hat der Antragsteller widersprüchlich vorgetragen.
- In der dritten Forderung entgegnete der Antragsteller unscharf.
- Im vierten Fall wurde nicht auf die Ausgangsmitteilung erwidert.
Keine Gegendarstellungspflicht bei mehrdeutigen Äußerungen
Bei mehrdeutigen Äußerungen kommt keine Gegendarstellung in Betracht (1 BvR 967/05 v. 19.12.2007), da sich die Stolpe-Entscheidung nur auf den Unterlassungsanspruch bezieht. Das Bundesverfassungsgericht hat damit die Stolpe-Entscheidung zum Teil abgebaut. Es bleibt abzuwarten, bis dieses schändliches BVefG-Stolpe-Urteil ganz gekippt wird.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Die durch die Gegendarstellung beanstandeten Tatsachenbehauptungen waren in der Erstmitteilung nicht offen ausgesprochen worden, sondern waren nach Auffassung der Gerichte in ihr verdeckt erfolgt. Zeigt sich, dass ein erheblicher Teil eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums der Äußerung neben den offenen auch verdeckte, zu den offenen Aussagen abweichende Inhalte entnimmt, so ist bei der weiteren Prüfung auch von diesen Inhalten auszugehen. Ist - wie hier - nicht eindeutig, ob hinter der offenen Aussage auch eine verdeckte steht, ist darüber zu entscheiden, nach welchen Grundsätzen sich die Behandlung solcher mehrdeutiger Äußerungen im Hinblick auf Gegendarstellungsansprüche richtet.
Die rechtliche Behandlung mehrdeutiger Äußerungen kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts je nach dem Typ des jeweils erhobenen Anspruchs zu unterschiedlichen Maßstäben führen:
Das Bundesverfassungsgericht geht bei der Überprüfung eines Strafurteils oder von zivilrechtlichen Verurteilungen zum Schadensersatz, zur Entschädigung oder zur Berichtigung von dem Grundsatz aus, dass die Meinungsfreiheit verletzt wird, wenn ein Gericht bei mehrdeutigen Äußerungen die zu einer Verurteilung führende Bedeutung zugrunde legt, ohne vorher mit nachvollziehbaren Gründen Deutungen ausgeschlossen zu haben, welche die Sanktion nicht zu rechtfertigen vermögen. Müsste der Äußernde befürchten, wegen einer erfolgten Meinungsäußerung verurteilt zu werden, obgleich Formulierung und Umstände der Äußerung auch eine nicht zur Verurteilung führende Deutung zulassen, könnte dies zur Unterdrückung einer zulässigen Äußerung führen und es könnten Einschüchterungseffekte eintreten, die dem Grundrecht der Kommunikationsfreiheit zuwiderliefen.
Im Hinblick auf Ansprüche auf Unterlassung zukünftiger Äußerungen geht das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 114, 339 <350 f.> "Stolpe") allerdings davon aus, dass verfassungsrechtlich erhebliche Einschüchterungseffekte für den sich Äußernden durch Maßnahmen des Persönlichkeitsschutzes nicht ausgelöst werden, soweit der Äußernde die Möglichkeit hat, die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts eines anderen ohne übermäßige Belastungen für sich durch eigenes Tun abzuwehren. Bei mehrdeutigen Äußerungen kann dies durch Klarstellung ihres Inhalts geschehen. Soweit eine nunmehr eindeutige Aussage keine Rechtsverletzung bewirkt, entfällt ein Unterlassungsanspruch. Die Gerichte sind in den angegriffenen Entscheidungen davon ausgegangen, dass diese für Unterlassungsansprüche geltenden Grundsätze auf das Recht der Gegendarstellung anwendbar sind. Das aber hat die Kammer verneint.
Auch bei der Klärung, ob wegen einer mehrdeutigen Aussage ein Anspruch auf Gegendarstellung besteht, ist das Ziel maßgebend, Einschüchterungseffekte für den Äußernden nach Möglichkeit zu vermeiden. Die Erreichung dieses Ziels lässt sich nicht hinreichend sichern, wenn die für Unterlassungsansprüche geltenden Grundsätze für den Umgang mit mehrdeutigen Äußerungen auf Erstmitteilungen angewandt werden, gegen die sich Gegendarstellungen richten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Presse nur in seltenen Ausnahmefällen eine Möglichkeit hat, die Veröffentlichung einer Entgegnung des Betroffenen durch Angabe einer Klarstellung oder Berichtigung der Äußerung abzuwehren. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Abdruck einer Gegendarstellung einen nur schwer ausgleichbaren Imageschaden für das zum Abdruck verpflichtete Presseunternehmen bewirken kann. Die bei einer Verurteilung zum Abdruck der Gegendarstellung offen bleibenden Fragen der Wahrheit und Rechtmäßigkeit einer Berichterstattung vermag die Leserschaft regelmäßig nicht selbst zu klären. Der Abdruck einer Gegendarstellung kann bei den Lesern deshalb Zweifel und Misstrauen auch gegenüber einer wahrheitsgemäßen und rechtlich nicht zu beanstandenden Berichterstattung wecken, die sich nachträglich kaum mehr beseitigen lassen. Solche Nachteile müssen zwar in beschränktem Umfang um des Schutzes des von einer Berichterstattung nachteilig Betroffenen Willen hingenommen werden, der einer Presseäußerung regelmäßig nicht mit Aussicht auf gleiche publizistische Wirkung entgegentreten kann. Die Hinnahme solcher Nachteile stößt aber auf verfassungsrechtliche Bedenken, wenn dem gewichtige gegenläufige Belange des Schutzes der Pressefreiheit entgegenstehen.
Viele Sachverhalte lassen sich auf dem beschränkten Raum, der für einen Pressebericht meist nur zur Verfügung stehe, nicht derart vollständig darstellen, dass unterschiedliche Eindrücke der Leserschaft ausgeschlossen werden. Auch können die veröffentlichten Rechercheergebnisse noch nicht vollständig sein, dürfen aber dennoch schon der Öffentlichkeit mitgeteilt werden, so dass Raum für Mutmaßungen bleibt, welche weiteren Details mit dem Berichteten zusammen hängen. Werden solche Rahmenbedingungen pressemäßiger Arbeit bei der Ausgestaltung des Rechts der Gegendarstellung nicht hinreichend berücksichtigt, könnte die Presse mit Gegendarstellungsansprüchen überhäuft und in der Folge zu einer starken Zurückhaltung in ihrer Berichterstattung veranlasst sein. Diese würde dem Ziel widersprechen, auf ein hohes Maß an Informiertheit der Öffentlichkeit durch die Presse hinzuwirken.
Eine Verurteilung zur Gegendarstellung darf daher nicht schon dann ermöglicht werden, wenn eine "nicht fern liegende Deutung" bei der Ermittlung einer verdeckten Aussage einen gegendarstellungsfähigen Inhalt ergibt, wie die Fachgerichte vorliegend aber angenommen haben. Verfassungsrechtlich unbedenklich wäre es demgegenüber, würden die Gerichte den auch sonst bei verdeckten Äußerungen angewandten Maßstab zugrunde legen, ob sich eine im Zusammenspiel der offenen Aussagen enthaltene zusätzliche eigene Aussage dem Leser als unabweisbare Schlussfolgerung aufdrängen muss.
Unter Anwendung dieser Grundsätze entspricht das Vorgehen der Fachgerichte vorliegend nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben, wenn sie die Äußerungen mit solchen Inhalten als gegendarstellungsfähig ansehen, die sie als "nicht fern liegende Deutung" oder gar als "nicht fern liegenden Eindruck" verstehen.