Esra-Entscheidung
Aus Buskeismus
Begriff
Eine häufig benutzte Entscheidung im Rahmen der entwickelten Zensurregeln.
Die Entscheidung steckt ab die Reichweite des Gebotes zur Anonymisierung in literatischen Werken, um die Erkennbarkeit einer Person zu vermeiden. Grundlage bildete der nun verbotene Roman "Esra" von Maxim Billers .
Nach der Esra-Entscheidung des BGH und des BVerfG reicht es aus, dass lediglich ein kleiner Kreis an Menschen die klagende Person in der Kunstfigur erkennen kann. Damit ist der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffen gegeben. Es reicht aus, dass Bekannte die Person erkennen.
Die Zensurrichter und Zensuranwälte saugen aus dieser Entscheidung gern Honig, um auch in anderen Veröffentlichungen - nicht nur in den literarischen - Zensurverbote auszusprechen.
BGH-Urteil
BGH-Urteil vom 21. Juni 2005 – VI ZR 122/04
Bundesgerichtshof bestätigt das Verbot des Romans "Esra" von Maxim Biller
Der unter anderem für Fragen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das von den Vorinstanzen ausgesprochene Veröffentlichungsverbot des von der Beklagten verlegten Romans Esra von Maxim Biller bestätigt. Das Buch schildert im wesentlichen die Liebesbeziehung zwischen Esra und dem Ich-Erzähler, dem Schriftsteller Adam. Der erkennende Senat bestätigte die Auffassung der Vorinstanzen, der Inhalt des Romans verletze die Klägerin zu 1, die für ca. 1 ½ Jahre eine intime Beziehung zum Autor des Buches unterhielt, und ihre Mutter, die Klägerin zu 2, in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Die durch die Verfassung garantierte Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) hatte unter den Umständen des Streitfalls hinter dem gemäß Art. 2 Abs. 1 GG ebenfalls grundrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerinnen zurückzutreten. Der Roman greift in schwerwiegender Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerinnen ein. Die Klägerinnen sind nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz in den Romanfiguren Esra und Lale jedenfalls für einen mehr oder minder großen Bekanntenkreis erkennbar. Der Autor hat die Figuren Esra und Lale gegenüber den Klägerinnen, aus deren Leben zahlreiche Details offenbart werden, nur unzureichend verfremdet. Es werden keine Typen dargestellt, sondern Porträts. Vom Autor frei erfundene, überwiegend negative oder bloßstellende, die Privatsphäre verletzende Darstellungen werden vom Leser deshalb mit realen Einzelheiten aus dem Leben der Klägerinnen gleichgesetzt. Dies ist von der Kunstfreiheit nicht gedeckt.
Urteil vom 21. Juni 2005 – VI ZR 122/04 LG München I - 9 O 11360/03 ./. OLG München - 18 U 4890/03
Karlsruhe, den 21. Juni 2005; Pressestelle des Bundesgerichtshof 76125 Karlsruhe; Telefon (0721) 159-5013; Telefax (0721) 159-5501
Bundesverfassungsgerichts-Entscheidung
BVerfG, 1 BvR 1783/05 vom 13.6.2007, Absatz-Nr. (1 - 151) L e i t s ä t z e
zum Beschluss des Ersten Senats vom 13. Juni 2007
- 1 BvR 1783/05 -
1. Bei dem gerichtlichen Verbot eines Romans als besonders starkem Eingriff in die Kunstfreiheit prüft das Bundesverfassungsgericht die Vereinbarkeit der angegriffenen Entscheidungen mit der verfassungsrechtlichen Kunstfreiheitsgarantie auf der Grundlage der konkreten Umstände des vorliegenden Sachverhalts.
2. Die Kunstfreiheit verlangt für ein literarisches Werk, das sich als Roman ausweist, eine kunstspezifische Betrachtung. Daraus folgt insbesondere eine Vermutung für die Fiktionalität eines literarischen Textes.
3. Die Kunstfreiheit schließt das Recht zur Verwendung von Vorbildern aus der Lebenswirklichkeit ein.
4. Zwischen dem Maß, in dem der Autor eine von der Wirklichkeit abgelöste ästhetische Realität schafft, und der Intensität der Verletzung des Persönlichkeitsrechts besteht eine Wechselbeziehung. Je stärker Abbild und Urbild übereinstimmen, desto schwerer wiegt die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts. Je mehr die künstlerische Darstellung besonders geschützte Dimensionen des Persönlichkeitsrechts berührt, desto stärker muss die Fiktionalisierung sein, um eine Persönlichkeitsrechtsverletzung auszuschließen.
Zu dieser Entscheidung gibt es abweichende Meinungen von zwei Richtern.