BGH VI ZR 182/04 v. 26. Oktober 2006 - Oskar Lafontaine - Nutzung zur Werbung

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BUNDESGERICHTSHOF BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES IM NAMEN DES VOLKES
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I ZR 182/04 Verkündet am: I ZR 182/04 Verkündet am:
26. Oktober 2006 26. Oktober 2006
-Führinger  
-Justizangestellte  
-als Urkundsbeamtin  
-der Geschäftsstelle  
-in dem Rechtsstreit  
- 
Rücktritt des Finanzministers Rücktritt des Finanzministers
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KunstUrhG §§ 22, 23; BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, § 823 Abs. 1 Ah KunstUrhG §§ 22, 23; BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, § 823 Abs. 1 Ah
-a) Die unbefugte kommerzielle Nutzung eines Bildnisses begründet im Allgemei- +a) Die unbefugte kommerzielle Nutzung eines [[Bildnis]]ses begründet im Allgemeinen – sei es unter dem Gesichtspunkt des [[Schadensersatz]]es oder der [[ungerechtfertigte Bereicherung|ungerechtfertigten Bereicherung]] – einen Anspruch auf Zahlung der [[fiktive Lizenzgebühr|angemessenen Lizenzgebühr]], ohne dass es darauf ankommt, ob der Abgebildete bereit oder
-nen – sei es unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes oder der unge- +in der Lage gewesen wäre, gegen Entgelt Lizenzen für die Verbreitung und öffentliche Wiedergabe seines Bildnisses einzuräumen.
-rechtfertigten Bereicherung – einen Anspruch auf Zahlung der angemessenen +
-Lizenzgebühr, ohne dass es darauf ankommt, ob der Abgebildete bereit oder +
-in der Lage gewesen wäre, gegen Entgelt Lizenzen für die Verbreitung und öf- +
-fentliche Wiedergabe seines Bildnisses einzuräumen. +
-b) Eine prominente Persönlichkeit aus dem Bereich der Zeitgeschichte muss es +b) Eine prominente Persönlichkeit aus dem Bereich der [[Personen der Zeitgeschichte|Zeitgeschichte]] muss es
zwar regelmäßig nicht dulden, dass das eigene Bildnis von Dritten für deren zwar regelmäßig nicht dulden, dass das eigene Bildnis von Dritten für deren
-Werbezwecke eingesetzt wird. Doch findet auch hier eine Güterabwägung +Werbezwecke eingesetzt wird. Doch findet auch hier eine [[Abwägung|Güterabwägung]]
statt, die dazu führen kann, dass die Verwendung des fremden Bildnisses in statt, die dazu führen kann, dass die Verwendung des fremden Bildnisses in
-einer Werbeanzeige, die sich satirisch mit einem aktuellen Tagesereignis aus- +einer Werbeanzeige, die sich satirisch mit einem aktuellen Tagesereignis auseinandersetzt, vom Betroffenen hingenommen werden muss.
-einandersetzt, vom Betroffenen hingenommen werden muss. +
BGH, Urt. v. 26. Oktober 2006 – I ZR 182/04 – OLG Hamburg BGH, Urt. v. 26. Oktober 2006 – I ZR 182/04 – OLG Hamburg
LG Hamburg LG Hamburg
 +
- 2 - - 2 -
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Oktober 2006 durch den Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Oktober 2006 durch den
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Pokrant, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann Pokrant, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann
für Recht erkannt: für Recht erkannt:
-Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen +Auf die Revision der Beklagten wird das [[Oskar Lafontaine OLG|Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 7. Zivilsenat, vom 9. November 2004]]
-Oberlandesgerichts Hamburg, 7. Zivilsenat, vom 9. November 2004 +
aufgehoben. aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ham- Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ham-
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Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen Von Rechts wegen
-Tatbestand: + 
 +== Tatbestand: ==
 +
Der Kläger ist Oskar Lafontaine. Er trat am 11. März 1999 von seinen Ämtern Der Kläger ist Oskar Lafontaine. Er trat am 11. März 1999 von seinen Ämtern
als Bundesminister der Finanzen und als Vorsitzender der SPD zurück. Die Be- als Bundesminister der Finanzen und als Vorsitzender der SPD zurück. Die Be-
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die nachstehend verkleinert wiedergegeben ist: die nachstehend verkleinert wiedergegeben ist:
-Die Porträtaufnahmen zeigen sechzehn Mitglieder der damaligen Bundesre- +Die Porträtaufnahmen zeigen sechzehn Mitglieder der damaligen Bundesregierung einschließlich des Klägers, dessen Bild durchgestrichen aber weiterhin erkennbar ist.
-gierung einschließlich des Klägers, dessen Bild durchgestrichen aber weiterhin er- +
-kennbar ist. +
2 2
3 Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe 3 Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe
von 250.000 DM (127.822,27 €) in Anspruch genommen. Er hat die Auffassung von 250.000 DM (127.822,27 €) in Anspruch genommen. Er hat die Auffassung
vertreten, die Beklagte habe auf seinen Bekanntheitsgrad abgestellt und sein Bild vertreten, die Beklagte habe auf seinen Bekanntheitsgrad abgestellt und sein Bild
-zu Werbezwecken zwangskommerzialisiert. Die Beklagte ist der Klage entgegen- +zu Werbezwecken zwangskommerzialisiert. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
-getreten. +
- 4 - - 4 -
-Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung in Höhe von 100.000 € verur- +Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung in Höhe von 100.000 € verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung
-teilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung +
der Beklagten zurückgewiesen (OLG Hamburg ZUM 2005, 164 = AfP 2004, 566). der Beklagten zurückgewiesen (OLG Hamburg ZUM 2005, 164 = AfP 2004, 566).
4 4
-Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision verfolgt die Beklagte ihren An- +Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
-trag auf Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuwei- +
-sen. +
5 5
-Entscheidungsgründe: + 
-6 I. Das Berufungsgericht hat den Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Li- +== Entscheidungsgründe: ==
-zenzgebühr in Höhe von 100.000 € für begründet erachtet. Dazu hat es ausge- +
-führt: +6 I. Das Berufungsgericht hat den Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von 100.000 € für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
7 Es könne dahinstehen, ob dem Kläger ein Anspruch aus § 823 BGB, §§ 22, 7 Es könne dahinstehen, ob dem Kläger ein Anspruch aus § 823 BGB, §§ 22,
23 KUG zustehe. Der Anspruch folge jedenfalls aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 23 KUG zustehe. Der Anspruch folge jedenfalls aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2
BGB. Indem die Beklagte das Bildnis des Klägers in ihrer Werbeanzeige genutzt BGB. Indem die Beklagte das Bildnis des Klägers in ihrer Werbeanzeige genutzt
habe, habe sie in rechtswidriger Weise in das dem Kläger zustehende Recht am habe, habe sie in rechtswidriger Weise in das dem Kläger zustehende Recht am
-eigenen Bild eingegriffen und damit zugleich auf seine Kosten einen vermögens- +eigenen Bild eingegriffen und damit zugleich auf seine Kosten einen vermögenswerten Vorteil erlangt.
-werten Vorteil erlangt. +
Die Beklagte habe mit der Veröffentlichung des Fotos das Recht des Klägers Die Beklagte habe mit der Veröffentlichung des Fotos das Recht des Klägers
am eigenen Bild verletzt. Auch wenn der Kläger eine Person der Zeitgeschichte am eigenen Bild verletzt. Auch wenn der Kläger eine Person der Zeitgeschichte
-sei und die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorlägen, sei die Veröf- +sei und die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorlägen, sei die Veröffentlichung des Bildnisses nicht zulässig. Die gemäß § 23 Abs. 2 KUG gebotene
-fentlichung des Bildnisses nicht zulässig. Die gemäß § 23 Abs. 2 KUG gebotene +
Interessenabwägung ergebe, dass das berechtigte, gegen die Veröffentlichung Interessenabwägung ergebe, dass das berechtigte, gegen die Veröffentlichung
-sprechende Interesse des Klägers überwiege. Zwar sei das Interesse der Beklag- +sprechende Interesse des Klägers überwiege. Zwar sei das Interesse der Beklag-
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ten durch die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) geschützt; die in Rede stehende ten durch die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) geschützt; die in Rede stehende
Anzeige habe nicht nur Werbezwecken gedient, sondern enthalte auch eine in die Anzeige habe nicht nur Werbezwecken gedient, sondern enthalte auch eine in die
-Form der Satire gegossene politische Meinungsäußerung. Die Frage, ob ihr zu- +Form der Satire gegossene politische Meinungsäußerung. Die Frage, ob ihr zusätzlich der Schutz der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) zukomme, könne offen-
-sätzlich der Schutz der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) zukomme, könne offen- +
bleiben. Jedenfalls müsse das Veröffentlichungsinteresse der Beklagten hinter bleiben. Jedenfalls müsse das Veröffentlichungsinteresse der Beklagten hinter
-dem Persönlichkeitsrecht des Klägers zurückstehen. Das allgemeine Persönlich- +dem Persönlichkeitsrecht des Klägers zurückstehen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers schütze auch sein Interesse, nicht ohne seine Einwilligung
-keitsrecht des Klägers schütze auch sein Interesse, nicht ohne seine Einwilligung +
von einem Dritten zu Werbezwecken eingesetzt zu werden. Gerade Personen des von einem Dritten zu Werbezwecken eingesetzt zu werden. Gerade Personen des
-öffentlichen Lebens, die ohnehin in besonderem Maße der Beachtung und der Kri- +öffentlichen Lebens, die ohnehin in besonderem Maße der Beachtung und der Kritik durch die Öffentlichkeit ausgesetzt seien, müssten es in der Regel nicht hinnehmen, dass ihre Bildnisse in der Werbung als Blickfang verwendet würden. Der
-tik durch die Öffentlichkeit ausgesetzt seien, müssten es in der Regel nicht hin- +deutlich im Vordergrund stehende Zweck der Produktwerbung müsse letztlich dazu führen, dass das durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützte Interesse des Klägers gegenüber der Meinungs- und Kunstfreiheit der Beklagten überwiege.
-nehmen, dass ihre Bildnisse in der Werbung als Blickfang verwendet würden. Der +
-deutlich im Vordergrund stehende Zweck der Produktwerbung müsse letztlich da- +
-zu führen, dass das durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützte Inte- +
-resse des Klägers gegenüber der Meinungs- und Kunstfreiheit der Beklagten über- +
-wiege. +
Mit dem Eingriff in das dem Kläger zustehende Recht am eigenen Bild habe Mit dem Eingriff in das dem Kläger zustehende Recht am eigenen Bild habe
die Beklagte zugleich auf dessen Kosten einen vermögenswerten Vorteil erlangt. die Beklagte zugleich auf dessen Kosten einen vermögenswerten Vorteil erlangt.
-Die Beklagte habe eine fiktive Lizenzgebühr zu entrichten, die das Landgericht zu- +Die Beklagte habe eine fiktive Lizenzgebühr zu entrichten, die das Landgericht zutreffend auf 100.000 € geschätzt habe.
-treffend auf 100.000 € geschätzt habe. +
9 9
-II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des ange- +II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Dem Kläger steht der geltend
-fochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Dem Kläger steht der geltend +
gemachte Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr weder aus § 812 gemachte Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr weder aus § 812
-Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB noch aus § 823 Abs. 1 BGB, §§ 22, 23 KUG zu. Sämtli- +Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB noch aus § 823 Abs. 1 BGB, §§ 22, 23 KUG zu. Sämtliche Ansprüche setzen voraus, dass die Beklagte den Kläger in rechtswidriger
-che Ansprüche setzen voraus, dass die Beklagte den Kläger in rechtswidriger +
Weise in seinem Persönlichkeitsrecht einschließlich seines Rechts am eigenen Weise in seinem Persönlichkeitsrecht einschließlich seines Rechts am eigenen
-Bild verletzt hat. Daran fehlt es, weil die Verbreitung der Porträtaufnahme des Klä- +Bild verletzt hat. Daran fehlt es, weil die Verbreitung der Porträtaufnahme des Klägers in der fraglichen Werbeanzeige als Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschich-
-gers in der fraglichen Werbeanzeige als Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschich- +
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KUG) und durch die Verbreitung im Einzelfall auch kein berechtigtes Interesse des KUG) und durch die Verbreitung im Einzelfall auch kein berechtigtes Interesse des
Klägers verletzt worden ist (§ 23 Abs. 2 KUG). Klägers verletzt worden ist (§ 23 Abs. 2 KUG).
-1. Ohne Erfolg beruft sich die Revision allerdings darauf, dass die bean- +1. Ohne Erfolg beruft sich die Revision allerdings darauf, dass die beanstandete Veröffentlichung nicht den Schutzzweck des § 22 KUG betreffe. Das
-standete Veröffentlichung nicht den Schutzzweck des § 22 KUG betreffe. Das +Bildnis habe – so meint die Revision – in der beanstandeten Anzeige allein der Individualisierung des Klägers gedient und hätte auch durch ein Namensschild ersetzt werden können. Dies vermag indessen nichts daran zu ändern, dass die
-Bildnis habe – so meint die Revision – in der beanstandeten Anzeige allein der In- +Veröffentlichung der Fotografie des Klägers den Schutzbereich des Rechts am eigenen Bild berührt. Zwar unterscheidet sich die beanstandete Veröffentlichung
-dividualisierung des Klägers gedient und hätte auch durch ein Namensschild er- +
-setzt werden können. Dies vermag indessen nichts daran zu ändern, dass die +
-Veröffentlichung der Fotografie des Klägers den Schutzbereich des Rechts am ei- +
-genen Bild berührt. Zwar unterscheidet sich die beanstandete Veröffentlichung +
von anderen Fällen, in denen die Fotografie einer bekannten Persönlichkeit ohne von anderen Fällen, in denen die Fotografie einer bekannten Persönlichkeit ohne
deren Zustimmung in der Werbung eingesetzt wird, dadurch, dass es hier nicht um deren Zustimmung in der Werbung eingesetzt wird, dadurch, dass es hier nicht um
den Sympathie- und Imagewert des Abgebildeten geht, der auf das beworbene den Sympathie- und Imagewert des Abgebildeten geht, der auf das beworbene
-Produkt übertragen werden soll. Die Werbewirkung erzielt die beanstandete An- +Produkt übertragen werden soll. Die Werbewirkung erzielt die beanstandete Anzeige vielmehr dadurch, dass sie den Kläger als gescheiterten „Mitarbeiter in der
-zeige vielmehr dadurch, dass sie den Kläger als gescheiterten „Mitarbeiter in der +
Probezeit“ darstellt; ihre Wirkung beruht somit auf einem Scherz auf Kosten des Probezeit“ darstellt; ihre Wirkung beruht somit auf einem Scherz auf Kosten des
Klägers. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Recht am eigenen Bild, das die Klägers. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Recht am eigenen Bild, das die
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2. Unbegründet ist auch die Rüge der Revision, ein Bereicherungsanspruch 2. Unbegründet ist auch die Rüge der Revision, ein Bereicherungsanspruch
-scheide von vornherein aus, weil der Kläger wegen des für Bundesminister gel- +scheide von vornherein aus, weil der Kläger wegen des für Bundesminister geltenden Verbots anderer besoldeter Tätigkeiten (Art. 66 GG) oder aus Gründen der
-tenden Verbots anderer besoldeter Tätigkeiten (Art. 66 GG) oder aus Gründen der +
politischen Glaubwürdigkeit an der eigenen kommerziellen Verwertung seines politischen Glaubwürdigkeit an der eigenen kommerziellen Verwertung seines
-Bildnisses gehindert gewesen sei. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon aus- +Bildnisses gehindert gewesen sei. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Bereicherungsanspruch unabhängig davon besteht, ob der
-gegangen, dass ein Bereicherungsanspruch unabhängig davon besteht, ob der +
Abgebildete bereit oder in der Lage ist, gegen Entgelt Lizenzen für die Verbreitung Abgebildete bereit oder in der Lage ist, gegen Entgelt Lizenzen für die Verbreitung
-und öffentliche Wiedergabe seiner Abbildung zu gewähren. Die unbefugte kom- +und öffentliche Wiedergabe seiner Abbildung zu gewähren. Die unbefugte kom-
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- 7 - - 7 -
-merzielle Nutzung eines Bildnisses stellt einen Eingriff in den vermögensrechtli- +merzielle Nutzung eines Bildnisses stellt einen Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild wie auch des allgemeinen
-chen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild wie auch des allgemeinen +
Persönlichkeitsrechts dar und begründet grundsätzlich – neben dem Verschulden Persönlichkeitsrechts dar und begründet grundsätzlich – neben dem Verschulden
-voraussetzenden Schadensersatzanspruch – einen Anspruch aus Eingriffskondik- +voraussetzenden Schadensersatzanspruch – einen Anspruch aus Eingriffskondiktion auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.1999
-tion auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.1999 +
– I ZR 226/97, GRUR 2000, 715, 716 = WRP 2000, 754 – Der blaue Engel; ferner – I ZR 226/97, GRUR 2000, 715, 716 = WRP 2000, 754 – Der blaue Engel; ferner
-BVerfG, Beschl. v. 22.8.2006 – 1 BvR 1168/04, WRP 2006, 1361 Tz 28 u. 31). Be- +BVerfG, Beschl. v. 22.8.2006 – 1 BvR 1168/04, WRP 2006, 1361 Tz 28 u. 31). Bereicherungsgegenstand ist die Nutzung des Bildnisses. Da diese nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. Wer das
-reicherungsgegenstand ist die Nutzung des Bildnisses. Da diese nicht herausge- +
-geben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. Wer das +
Bildnis eines Dritten unberechtigt für kommerzielle Zwecke ausnutzt, zeigt damit, Bildnis eines Dritten unberechtigt für kommerzielle Zwecke ausnutzt, zeigt damit,
-dass er ihm einen wirtschaftlichen Wert beimisst. An der damit geschaffenen ver- +dass er ihm einen wirtschaftlichen Wert beimisst. An der damit geschaffenen vermögensrechtlichen Zuordnung muss sich der Verletzer festhalten lassen und einen der Nutzung entsprechenden Wertersatz leisten. Dies gilt unabhängig davon,
-mögensrechtlichen Zuordnung muss sich der Verletzer festhalten lassen und ei- +
-nen der Nutzung entsprechenden Wertersatz leisten. Dies gilt unabhängig davon, +
ob der Abgebildete bereit und in der Lage gewesen wäre, die Abbildung gegen ob der Abgebildete bereit und in der Lage gewesen wäre, die Abbildung gegen
-Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr zu gestatten; denn der Zahlungsan- +Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr zu gestatten; denn der Zahlungsanspruch fingiert nicht eine Zustimmung des Betroffenen, er stellt vielmehr den Ausgleich für einen rechtswidrigen Eingriff in eine dem Betroffenen ausschließlich zu-
-spruch fingiert nicht eine Zustimmung des Betroffenen, er stellt vielmehr den Aus- +
-gleich für einen rechtswidrigen Eingriff in eine dem Betroffenen ausschließlich zu- +
gewiesene Dispositionsbefugnis dar (vgl. MünchKomm.BGB/Rixecker, 4. Aufl., gewiesene Dispositionsbefugnis dar (vgl. MünchKomm.BGB/Rixecker, 4. Aufl.,
§ 12 Anh. Rdn. 226; Schricker/Götting, Urheberrecht, 3. Aufl., § 60 UrhG/§§ 33-50 § 12 Anh. Rdn. 226; Schricker/Götting, Urheberrecht, 3. Aufl., § 60 UrhG/§§ 33-50
-KUG, Rdn. 10 u. 14; Wenzel/v. Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildbericht- +KUG, Rdn. 10 u. 14; Wenzel/v. Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 9 Rdn. 10 m.w.N.; Ullmann, AfP 1999, 209, 212 f.). So-
-erstattung, 5. Aufl., Kap. 9 Rdn. 10 m.w.N.; Ullmann, AfP 1999, 209, 212 f.). So- +
weit sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entnehmen lässt, dass ein weit sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entnehmen lässt, dass ein
Schadens- oder Bereicherungsausgleich auf der Grundlage einer angemessenen Schadens- oder Bereicherungsausgleich auf der Grundlage einer angemessenen
-Lizenzgebühr ein grundsätzliches Einverständnis des Abgebildeten mit der Ver- +Lizenzgebühr ein grundsätzliches Einverständnis des Abgebildeten mit der Vermarktung seines Rechts am eigenen Bild voraussetze (vgl. BGHZ 26, 349, 353
-marktung seines Rechts am eigenen Bild voraussetze (vgl. BGHZ 26, 349, 353 +
– Herrenreiter; 30, 7, 16 f. – Caterina Valente; BGH, Urt. v. 26.6.1979 – Herrenreiter; 30, 7, 16 f. – Caterina Valente; BGH, Urt. v. 26.6.1979
-– VI ZR 108/78, GRUR 1979, 732, 734 = NJW 1979, 2205 – Fußballtor), wird dar- +– VI ZR 108/78, GRUR 1979, 732, 734 = NJW 1979, 2205 – Fußballtor), wird daran nicht festgehalten.
-an nicht festgehalten. +
- 8 - - 8 -
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Werbeanzeige war gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG – vorbehaltlich der Prüfung der Werbeanzeige war gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG – vorbehaltlich der Prüfung der
Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 KUG (dazu sogleich unter 4.) – erlaubt. Danach Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 KUG (dazu sogleich unter 4.) – erlaubt. Danach
-darf ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte ohne Einwilligung des Abge- +darf ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden.
-bildeten verbreitet werden. +
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a) Bei der Porträtaufnahme des Klägers handelt es sich – dies steht jeden- a) Bei der Porträtaufnahme des Klägers handelt es sich – dies steht jeden-
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15 b) Allerdings kann sich derjenige nicht auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG berufen, 15 b) Allerdings kann sich derjenige nicht auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG berufen,
der keinem schutzwürdigen Informationsinteresse der Allgemeinheit nachkommt. der keinem schutzwürdigen Informationsinteresse der Allgemeinheit nachkommt.
-Das schutzwürdige Informationsinteresse fehlt bei Werbeanzeigen, wenn sie aus- +Das schutzwürdige Informationsinteresse fehlt bei Werbeanzeigen, wenn sie ausschließlich den Geschäftsinteressen des mit der Abbildung werbenden Unternehmens dienen (BGHZ 20, 345, 350 f. – Paul Dahlke; BGH, Urt. v. 14.4.1992
-schließlich den Geschäftsinteressen des mit der Abbildung werbenden Unterneh- +
-mens dienen (BGHZ 20, 345, 350 f. – Paul Dahlke; BGH, Urt. v. 14.4.1992 +
– VI ZR 285/91, GRUR 1992, 557 = NJW 1992, 2084 – Talkmaster-Foto; Urt. v. – VI ZR 285/91, GRUR 1992, 557 = NJW 1992, 2084 – Talkmaster-Foto; Urt. v.
-14.3.1995 – VI ZR 52/94, WRP 1995, 613, 614 = NJW-RR 1995, 789 – Chris Re- +14.3.1995 – VI ZR 52/94, WRP 1995, 613, 614 = NJW-RR 1995, 789 – Chris Revue; Urt. v. 1.10.1996 – VI ZR 206/95, GRUR 1997, 125, 126 = NJW 1997, 1152
-vue; Urt. v. 1.10.1996 – VI ZR 206/95, GRUR 1997, 125, 126 = NJW 1997, 1152 +
– Bob-Dylan-CD; BGHZ 143, 214, 229 – Marlene Dietrich; BGH GRUR 2000, 715, – Bob-Dylan-CD; BGHZ 143, 214, 229 – Marlene Dietrich; BGH GRUR 2000, 715,
717 – Der blaue Engel; BGHZ 151, 26, 30). Dies ist insbesondere dann der Fall, 717 – Der blaue Engel; BGHZ 151, 26, 30). Dies ist insbesondere dann der Fall,
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– 1 BvR 2707/95, NJW 2001, 594). Denn der kommerzielle Zusammenhang – 1 BvR 2707/95, NJW 2001, 594). Denn der kommerzielle Zusammenhang
-schließt es nicht aus, dass die Veröffentlichung auch der Information der Allge- +schließt es nicht aus, dass die Veröffentlichung auch der Information der Allgemeinheit dient (vgl. BGH, Urt. v. 5.10.2006 – I ZR 277/03 – kinski-klaus.de, unter
-meinheit dient (vgl. BGH, Urt. v. 5.10.2006 – I ZR 277/03 – kinski-klaus.de, unter +
II.4.c) a.E.). Der Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf kommerzielle II.4.c) a.E.). Der Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf kommerzielle
Meinungsäußerungen und auf reine Wirtschaftswerbung, die einen wertenden, Meinungsäußerungen und auf reine Wirtschaftswerbung, die einen wertenden,
-meinungsbildenden Inhalt hat, und zwar auch auf die Veröffentlichung eines Bild- +meinungsbildenden Inhalt hat, und zwar auch auf die Veröffentlichung eines Bildnisses, das die Meinungsäußerung transportiert oder ergänzt (vgl. BVerfGE 71,
-nisses, das die Meinungsäußerung transportiert oder ergänzt (vgl. BVerfGE 71, +
162, 175; 102, 347, 359 – Benetton-Werbung; BGH, Urt. v. 14.11.1995 162, 175; 102, 347, 359 – Benetton-Werbung; BGH, Urt. v. 14.11.1995
– VI ZR 410/94, GRUR 1996, 195, 197 = NJW 1996, 593 – Abschiedsmedaille; – VI ZR 410/94, GRUR 1996, 195, 197 = NJW 1996, 593 – Abschiedsmedaille;
BGH GRUR 1997, 125, 126 – Bob-Dylan-CD; BGHZ 151, 26, 30). BGH GRUR 1997, 125, 126 – Bob-Dylan-CD; BGHZ 151, 26, 30).
-16 Die vom Kläger beanstandete Werbeanzeige dient nicht ausschließlich ei- +16 Die vom Kläger beanstandete Werbeanzeige dient nicht ausschließlich einem Werbezweck, sondern enthält im Zusammenhang mit der Abbildung des Klägers auch eine auf ein aktuelles Ereignis bezogene politische Meinungsäußerung
-nem Werbezweck, sondern enthält im Zusammenhang mit der Abbildung des Klä- +in Form der Satire. Indem die Beklagte den Kläger mit einem Mitarbeiter vergleicht, der bereits in der Probezeit scheitert, setzt sie sich in ironischer Weise mit
-gers auch eine auf ein aktuelles Ereignis bezogene politische Meinungsäußerung +dem Umstand auseinander, dass der Kläger nach kurzer Amtszeit als Finanzminister zurückgetreten ist. Dieser meinungsbildende Inhalt wird durch den offensichtlichen Werbezweck der Anzeige nicht verdrängt.
-in Form der Satire. Indem die Beklagte den Kläger mit einem Mitarbeiter ver- +
-gleicht, der bereits in der Probezeit scheitert, setzt sie sich in ironischer Weise mit +
-dem Umstand auseinander, dass der Kläger nach kurzer Amtszeit als Finanzmi- +
-nister zurückgetreten ist. Dieser meinungsbildende Inhalt wird durch den offen- +
-sichtlichen Werbezweck der Anzeige nicht verdrängt. +
4. Die nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG im Grundsatz zulässige Verbreitung des 4. Die nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG im Grundsatz zulässige Verbreitung des
Bildnisses des Klägers verletzt auch in der konkret beanstandeten Werbeanzeige Bildnisses des Klägers verletzt auch in der konkret beanstandeten Werbeanzeige
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Veröffentlichung von Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte nicht auf eine Veröffentlichung von Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte nicht auf eine
Verbreitung, die im Einzelfall ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt. Verbreitung, die im Einzelfall ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt.
-Ob dies der Fall ist, ist aufgrund einer umfassenden, am Einzelfall orientierten Gü- +Ob dies der Fall ist, ist aufgrund einer umfassenden, am Einzelfall orientierten Güter- und Interessenabwägung zu beantworten. Denn wegen der Eigenart des Per-
-ter- und Interessenabwägung zu beantworten. Denn wegen der Eigenart des Per- +
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-sönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts fehlt es an einem absoluten Schutzbe- +sönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts fehlt es an einem absoluten Schutzbereich des Rechts; der Schutzumfang muss vielmehr jeweils durch eine Abwägung
-reich des Rechts; der Schutzumfang muss vielmehr jeweils durch eine Abwägung +
mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden (BVerfGE mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden (BVerfGE
101, 361, 393; BGH, Urt. v. 12.10.1993 – VI ZR 23/93, GRUR 1994, 391, 392 = 101, 361, 393; BGH, Urt. v. 12.10.1993 – VI ZR 23/93, GRUR 1994, 391, 392 =
-NJW 1994, 124 – Alle reden vom Klima; BGHZ 156, 206, 210). Dabei ist unter Be- +NJW 1994, 124 – Alle reden vom Klima; BGHZ 156, 206, 210). Dabei ist unter Berücksichtigung der Intensität des in Rede stehenden Eingriffs zu ermitteln, ob dem
-rücksichtigung der Intensität des in Rede stehenden Eingriffs zu ermitteln, ob dem +
hier nur vermögenswerten Bestandteil des Persönlichkeitsrechts des Klägers ein hier nur vermögenswerten Bestandteil des Persönlichkeitsrechts des Klägers ein
-größeres Gewicht beizumessen ist als der Rechtsposition, auf die sich die Beklag- +größeres Gewicht beizumessen ist als der Rechtsposition, auf die sich die Beklagte bei der Verbreitung der Werbeanzeige unter Berufung auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1
-te bei der Verbreitung der Werbeanzeige unter Berufung auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 +
GG stützt. GG stützt.
19 b) Im Falle der Verwendung eines Bildnisses in einer Werbeanzeige wird 19 b) Im Falle der Verwendung eines Bildnisses in einer Werbeanzeige wird
-– wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat – im Regelfall das allge- +– wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat – im Regelfall das allgemeine Persönlichkeitsrecht des ohne seine Einwilligung Abgebildeten gegenüber
-meine Persönlichkeitsrecht des ohne seine Einwilligung Abgebildeten gegenüber +
dem Veröffentlichungsinteresse des Werbenden überwiegen (vgl. Schricker/ dem Veröffentlichungsinteresse des Werbenden überwiegen (vgl. Schricker/
-Götting aaO § 60 UrhG/§ 23 KUG Rdn. 16). Denn es stellt einen wesentlichen Be- +Götting aaO § 60 UrhG/§ 23 KUG Rdn. 16). Denn es stellt einen wesentlichen Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, selbst darüber zu entscheiden, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung
-standteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, selbst darüber zu entschei- +
-den, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung +
gestellt werden soll. Dabei steht allerdings der Umstand im Vordergrund, dass gestellt werden soll. Dabei steht allerdings der Umstand im Vordergrund, dass
-durch die Verwendung eines Bildnisses der Image- oder Werbewert des Abgebil- +durch die Verwendung eines Bildnisses der Image- oder Werbewert des Abgebildeten ausgenutzt und der Eindruck erweckt wird, der Abgebildete identifiziere sich
-deten ausgenutzt und der Eindruck erweckt wird, der Abgebildete identifiziere sich +
mit dem beworbenen Produkt, empfehle es oder preise es an (vgl. BGHZ 20, 345, mit dem beworbenen Produkt, empfehle es oder preise es an (vgl. BGHZ 20, 345,
352 – Paul Dahlke; BGH WRP 1995, 613, 614 – Chris Revue; BGHZ 151, 26, 33). 352 – Paul Dahlke; BGH WRP 1995, 613, 614 – Chris Revue; BGHZ 151, 26, 33).
-c) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungs- +c) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der erkennbare Werbezweck führe dazu, dass die Meinungsfreiheit der
-gerichts, der erkennbare Werbezweck führe dazu, dass die Meinungsfreiheit der +
Beklagten gegenüber dem Persönlichkeitsrecht des Klägers zurücktreten müsse. Beklagten gegenüber dem Persönlichkeitsrecht des Klägers zurücktreten müsse.
Im Streitfall geht es ersichtlich nicht darum, einen Image- oder Werbewert des Im Streitfall geht es ersichtlich nicht darum, einen Image- oder Werbewert des
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-ge erweckt auch nicht den Eindruck, als empfehle der Kläger das beworbene Pro- +ge erweckt auch nicht den Eindruck, als empfehle der Kläger das beworbene Produkt. Zwar lässt sich allein damit noch nicht begründen, dass der Kläger die Verwendung seines Bildnisses in einer Werbeanzeige hinnehmen muss. Doch führen
-dukt. Zwar lässt sich allein damit noch nicht begründen, dass der Kläger die Ver- +
-wendung seines Bildnisses in einer Werbeanzeige hinnehmen muss. Doch führen +
diese Umstände sowie das gegenläufige Interesse des Werbenden, sich auch im diese Umstände sowie das gegenläufige Interesse des Werbenden, sich auch im
-Rahmen einer Werbeanzeige in satirisch-spöttischer Form mit einem aktuellen po- +Rahmen einer Werbeanzeige in satirisch-spöttischer Form mit einem aktuellen politischen Tagesereignis auseinandersetzen zu können, dazu, dass das Interesse
-litischen Tagesereignis auseinandersetzen zu können, dazu, dass das Interesse +des Klägers, die Verwendung seines Bildnisses in der Werbung zu verhindern, zurücktreten muss.
-des Klägers, die Verwendung seines Bildnisses in der Werbung zu verhindern, zu- +
-rücktreten muss. +
21 Die Beklagte nimmt den Rücktritt des Klägers als Finanzminister zum Anlass 21 Die Beklagte nimmt den Rücktritt des Klägers als Finanzminister zum Anlass
-für ihren als Satire verfassten Werbespruch, ohne über eine bloße Aufmerksam- +für ihren als Satire verfassten Werbespruch, ohne über eine bloße Aufmerksamkeitswerbung hinaus die Person des Klägers als Vorspann zur Anpreisung ihrer
-keitswerbung hinaus die Person des Klägers als Vorspann zur Anpreisung ihrer +
Dienstleistung zu vermarkten. Die Abbildung des Klägers behält im Rahmen der Dienstleistung zu vermarkten. Die Abbildung des Klägers behält im Rahmen der
Werbeanzeige ihre Zuordnung zu dem kommentierten politischen Zeitgeschehen. Werbeanzeige ihre Zuordnung zu dem kommentierten politischen Zeitgeschehen.
Die Anzeige verwendet eine kontextneutrale Porträtaufnahme, die sich in Größe Die Anzeige verwendet eine kontextneutrale Porträtaufnahme, die sich in Größe
-und Anordnung in die ebenfalls in der Werbeanzeige enthaltenen Porträtaufnah- +und Anordnung in die ebenfalls in der Werbeanzeige enthaltenen Porträtaufnahmen der weiteren fünfzehn Mitglieder des Kabinetts einreiht. Diese Abbildungen
-men der weiteren fünfzehn Mitglieder des Kabinetts einreiht. Diese Abbildungen +sind Teil der satirischen Auseinandersetzung der Beklagten mit dem Zeitgeschehen, in dessen Mittelpunkt der Kläger steht. Auch wenn die politische Auseinandersetzung im Rahmen einer Werbeanzeige erfolgt und von der Beklagten eingesetzt wird, um die Aufmerksamkeit auf ihr Leasinggeschäft zu lenken, steht sie unter dem besonderen Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1
-sind Teil der satirischen Auseinandersetzung der Beklagten mit dem Zeitgesche- +
-hen, in dessen Mittelpunkt der Kläger steht. Auch wenn die politische Auseinan- +
-dersetzung im Rahmen einer Werbeanzeige erfolgt und von der Beklagten einge- +
-setzt wird, um die Aufmerksamkeit auf ihr Leasinggeschäft zu lenken, steht sie un- +
-ter dem besonderen Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 +
GG). Im Streitfall muss das Interesse des Klägers, nicht ohne seine Erlaubnis in GG). Im Streitfall muss das Interesse des Klägers, nicht ohne seine Erlaubnis in
-einer Werbeanzeige abgebildet zu werden, gegenüber der Ausübung dieses Frei- +einer Werbeanzeige abgebildet zu werden, gegenüber der Ausübung dieses Freiheitsrechts zurücktreten. Die Werbung berührt lediglich den zivilrechtlich, nicht
-heitsrechts zurücktreten. Die Werbung berührt lediglich den zivilrechtlich, nicht +
verfassungsrechtlich begründeten Schutz der vermögenswerten Bestandteile des verfassungsrechtlich begründeten Schutz der vermögenswerten Bestandteile des
Persönlichkeitsrechts (vgl. BVerfG WRP 2006, 1361 Tz 27 ff.). Die ideellen Teile Persönlichkeitsrechts (vgl. BVerfG WRP 2006, 1361 Tz 27 ff.). Die ideellen Teile
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Beschädigung des Ansehens des Klägers durch die beanstandete Anzeige steht Beschädigung des Ansehens des Klägers durch die beanstandete Anzeige steht
nicht zur Debatte. nicht zur Debatte.
-5. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Da die Sache zur Ent- +5. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Da die Sache zur Entscheidung reif ist, ist die Klage abzuweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO).
-scheidung reif ist, ist die Klage abzuweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO). +
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. 23 III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. 23
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Schaffert Bergmann Schaffert Bergmann
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LG Hamburg, Entscheidung vom 09.01.2004 - 324 O 554/03 - LG Hamburg, Entscheidung vom 09.01.2004 - 324 O 554/03 -
-OLG Hamburg, Entscheidung vom 09.11.2004 - 7 U 18/04 - +[[Oskar Lafontaine OLG|OLG Hamburg, Entscheidung vom 09.11.2004 - 7 U 18/04 -]]
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 +*[http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=7a8da30959c69b916f71c40573c6a72f&client=%5B%2712%27%2C+%2712%27%5D&client=%5B%2712%27%2C+%2712%27%5D&nr=38036&pos=0&anz=1 Original-Entscheidung bei Bundesgerichtshof.de]
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Aktuelle Version

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL I ZR 182/04 Verkündet am: 26. Oktober 2006

Rücktritt des Finanzministers

KunstUrhG §§ 22, 23; BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, § 823 Abs. 1 Ah

a) Die unbefugte kommerzielle Nutzung eines Bildnisses begründet im Allgemeinen – sei es unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes oder der ungerechtfertigten Bereicherung – einen Anspruch auf Zahlung der angemessenen Lizenzgebühr, ohne dass es darauf ankommt, ob der Abgebildete bereit oder in der Lage gewesen wäre, gegen Entgelt Lizenzen für die Verbreitung und öffentliche Wiedergabe seines Bildnisses einzuräumen.

b) Eine prominente Persönlichkeit aus dem Bereich der Zeitgeschichte muss es zwar regelmäßig nicht dulden, dass das eigene Bildnis von Dritten für deren Werbezwecke eingesetzt wird. Doch findet auch hier eine Güterabwägung statt, die dazu führen kann, dass die Verwendung des fremden Bildnisses in einer Werbeanzeige, die sich satirisch mit einem aktuellen Tagesereignis auseinandersetzt, vom Betroffenen hingenommen werden muss.

BGH, Urt. v. 26. Oktober 2006 – I ZR 182/04 – OLG Hamburg LG Hamburg

- 2 - Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 7. Zivilsenat, vom 9. November 2004 aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ham- burg, Zivilkammer 24, vom 9. Januar 2004 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Von Rechts wegen

[bearbeiten] Tatbestand:

Der Kläger ist Oskar Lafontaine. Er trat am 11. März 1999 von seinen Ämtern als Bundesminister der Finanzen und als Vorsitzender der SPD zurück. Die Be- klagte betreibt als Konzerntochter des Autovermieters S. AG das Fahrzeug- Leasing-Geschäft. Sie warb – jeweils ohne Einwilligung des Klägers – am 1

- 3 - 21. März 1999 in der „Welt am Sonntag“ mit einer halbseitigen und am 22. März 1999 in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ mit einer doppelseitigen Anzeige, die nachstehend verkleinert wiedergegeben ist:

Die Porträtaufnahmen zeigen sechzehn Mitglieder der damaligen Bundesregierung einschließlich des Klägers, dessen Bild durchgestrichen aber weiterhin erkennbar ist. 2 3 Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von 250.000 DM (127.822,27 €) in Anspruch genommen. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe auf seinen Bekanntheitsgrad abgestellt und sein Bild zu Werbezwecken zwangskommerzialisiert. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

- 4 - Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung in Höhe von 100.000 € verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (OLG Hamburg ZUM 2005, 164 = AfP 2004, 566). 4 Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen. 5

[bearbeiten] Entscheidungsgründe:

6 I. Das Berufungsgericht hat den Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von 100.000 € für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt: 7 Es könne dahinstehen, ob dem Kläger ein Anspruch aus § 823 BGB, §§ 22, 23 KUG zustehe. Der Anspruch folge jedenfalls aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB. Indem die Beklagte das Bildnis des Klägers in ihrer Werbeanzeige genutzt habe, habe sie in rechtswidriger Weise in das dem Kläger zustehende Recht am eigenen Bild eingegriffen und damit zugleich auf seine Kosten einen vermögenswerten Vorteil erlangt. Die Beklagte habe mit der Veröffentlichung des Fotos das Recht des Klägers am eigenen Bild verletzt. Auch wenn der Kläger eine Person der Zeitgeschichte sei und die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorlägen, sei die Veröffentlichung des Bildnisses nicht zulässig. Die gemäß § 23 Abs. 2 KUG gebotene Interessenabwägung ergebe, dass das berechtigte, gegen die Veröffentlichung sprechende Interesse des Klägers überwiege. Zwar sei das Interesse der Beklag- 8

- 5 - ten durch die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) geschützt; die in Rede stehende Anzeige habe nicht nur Werbezwecken gedient, sondern enthalte auch eine in die Form der Satire gegossene politische Meinungsäußerung. Die Frage, ob ihr zusätzlich der Schutz der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) zukomme, könne offen- bleiben. Jedenfalls müsse das Veröffentlichungsinteresse der Beklagten hinter dem Persönlichkeitsrecht des Klägers zurückstehen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers schütze auch sein Interesse, nicht ohne seine Einwilligung von einem Dritten zu Werbezwecken eingesetzt zu werden. Gerade Personen des öffentlichen Lebens, die ohnehin in besonderem Maße der Beachtung und der Kritik durch die Öffentlichkeit ausgesetzt seien, müssten es in der Regel nicht hinnehmen, dass ihre Bildnisse in der Werbung als Blickfang verwendet würden. Der deutlich im Vordergrund stehende Zweck der Produktwerbung müsse letztlich dazu führen, dass das durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützte Interesse des Klägers gegenüber der Meinungs- und Kunstfreiheit der Beklagten überwiege. Mit dem Eingriff in das dem Kläger zustehende Recht am eigenen Bild habe die Beklagte zugleich auf dessen Kosten einen vermögenswerten Vorteil erlangt. Die Beklagte habe eine fiktive Lizenzgebühr zu entrichten, die das Landgericht zutreffend auf 100.000 € geschätzt habe. 9 II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr weder aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB noch aus § 823 Abs. 1 BGB, §§ 22, 23 KUG zu. Sämtliche Ansprüche setzen voraus, dass die Beklagte den Kläger in rechtswidriger Weise in seinem Persönlichkeitsrecht einschließlich seines Rechts am eigenen Bild verletzt hat. Daran fehlt es, weil die Verbreitung der Porträtaufnahme des Klägers in der fraglichen Werbeanzeige als Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschich- 10

- 6 - te auch ohne seine Einwilligung grundsätzlich zulässig war (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) und durch die Verbreitung im Einzelfall auch kein berechtigtes Interesse des Klägers verletzt worden ist (§ 23 Abs. 2 KUG). 1. Ohne Erfolg beruft sich die Revision allerdings darauf, dass die beanstandete Veröffentlichung nicht den Schutzzweck des § 22 KUG betreffe. Das Bildnis habe – so meint die Revision – in der beanstandeten Anzeige allein der Individualisierung des Klägers gedient und hätte auch durch ein Namensschild ersetzt werden können. Dies vermag indessen nichts daran zu ändern, dass die Veröffentlichung der Fotografie des Klägers den Schutzbereich des Rechts am eigenen Bild berührt. Zwar unterscheidet sich die beanstandete Veröffentlichung von anderen Fällen, in denen die Fotografie einer bekannten Persönlichkeit ohne deren Zustimmung in der Werbung eingesetzt wird, dadurch, dass es hier nicht um den Sympathie- und Imagewert des Abgebildeten geht, der auf das beworbene Produkt übertragen werden soll. Die Werbewirkung erzielt die beanstandete Anzeige vielmehr dadurch, dass sie den Kläger als gescheiterten „Mitarbeiter in der Probezeit“ darstellt; ihre Wirkung beruht somit auf einem Scherz auf Kosten des Klägers. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Recht am eigenen Bild, das die Verbreitung und öffentliche Wiedergabe einer Abbildung grundsätzlich von der Einwilligung des Abgebildeten abhängig macht, nicht berührt wäre. 11 2. Unbegründet ist auch die Rüge der Revision, ein Bereicherungsanspruch scheide von vornherein aus, weil der Kläger wegen des für Bundesminister geltenden Verbots anderer besoldeter Tätigkeiten (Art. 66 GG) oder aus Gründen der politischen Glaubwürdigkeit an der eigenen kommerziellen Verwertung seines Bildnisses gehindert gewesen sei. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Bereicherungsanspruch unabhängig davon besteht, ob der Abgebildete bereit oder in der Lage ist, gegen Entgelt Lizenzen für die Verbreitung und öffentliche Wiedergabe seiner Abbildung zu gewähren. Die unbefugte kom- 12

- 7 - merzielle Nutzung eines Bildnisses stellt einen Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild wie auch des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar und begründet grundsätzlich – neben dem Verschulden voraussetzenden Schadensersatzanspruch – einen Anspruch aus Eingriffskondiktion auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.1999 – I ZR 226/97, GRUR 2000, 715, 716 = WRP 2000, 754 – Der blaue Engel; ferner BVerfG, Beschl. v. 22.8.2006 – 1 BvR 1168/04, WRP 2006, 1361 Tz 28 u. 31). Bereicherungsgegenstand ist die Nutzung des Bildnisses. Da diese nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. Wer das Bildnis eines Dritten unberechtigt für kommerzielle Zwecke ausnutzt, zeigt damit, dass er ihm einen wirtschaftlichen Wert beimisst. An der damit geschaffenen vermögensrechtlichen Zuordnung muss sich der Verletzer festhalten lassen und einen der Nutzung entsprechenden Wertersatz leisten. Dies gilt unabhängig davon, ob der Abgebildete bereit und in der Lage gewesen wäre, die Abbildung gegen Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr zu gestatten; denn der Zahlungsanspruch fingiert nicht eine Zustimmung des Betroffenen, er stellt vielmehr den Ausgleich für einen rechtswidrigen Eingriff in eine dem Betroffenen ausschließlich zu- gewiesene Dispositionsbefugnis dar (vgl. MünchKomm.BGB/Rixecker, 4. Aufl., § 12 Anh. Rdn. 226; Schricker/Götting, Urheberrecht, 3. Aufl., § 60 UrhG/§§ 33-50 KUG, Rdn. 10 u. 14; Wenzel/v. Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 9 Rdn. 10 m.w.N.; Ullmann, AfP 1999, 209, 212 f.). So- weit sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entnehmen lässt, dass ein Schadens- oder Bereicherungsausgleich auf der Grundlage einer angemessenen Lizenzgebühr ein grundsätzliches Einverständnis des Abgebildeten mit der Vermarktung seines Rechts am eigenen Bild voraussetze (vgl. BGHZ 26, 349, 353 – Herrenreiter; 30, 7, 16 f. – Caterina Valente; BGH, Urt. v. 26.6.1979 – VI ZR 108/78, GRUR 1979, 732, 734 = NJW 1979, 2205 – Fußballtor), wird daran nicht festgehalten.

- 8 - 3. Die Verbreitung der Fotografie des Klägers in der streitgegenständlichen Werbeanzeige war gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG – vorbehaltlich der Prüfung der Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 KUG (dazu sogleich unter 4.) – erlaubt. Danach darf ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden. 13 a) Bei der Porträtaufnahme des Klägers handelt es sich – dies steht jeden- falls für den unmittelbaren zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit seinem Rücktritt als Finanzminister und SPD-Vorsitzender außer Zweifel – um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG). Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass das Bildnis im Rahmen einer Werbeanzeige verbreitet worden ist. 14 15 b) Allerdings kann sich derjenige nicht auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG berufen, der keinem schutzwürdigen Informationsinteresse der Allgemeinheit nachkommt. Das schutzwürdige Informationsinteresse fehlt bei Werbeanzeigen, wenn sie ausschließlich den Geschäftsinteressen des mit der Abbildung werbenden Unternehmens dienen (BGHZ 20, 345, 350 f. – Paul Dahlke; BGH, Urt. v. 14.4.1992 – VI ZR 285/91, GRUR 1992, 557 = NJW 1992, 2084 – Talkmaster-Foto; Urt. v. 14.3.1995 – VI ZR 52/94, WRP 1995, 613, 614 = NJW-RR 1995, 789 – Chris Revue; Urt. v. 1.10.1996 – VI ZR 206/95, GRUR 1997, 125, 126 = NJW 1997, 1152 – Bob-Dylan-CD; BGHZ 143, 214, 229 – Marlene Dietrich; BGH GRUR 2000, 715, 717 – Der blaue Engel; BGHZ 151, 26, 30). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte nur verwendet wird, um den Werbewert der prominenten Persönlichkeit auszunutzen und auf das beworbene Produkt überzuleiten. Dagegen ist der Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eröffnet, wenn die Werbeanzeige neben dem Werbezweck auch einen In- formationsgehalt für die Allgemeinheit aufweist (BGH GRUR 1997, 125, 126 – Bob-Dylan-CD; BGHZ 151, 26, 30; vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.8.2000

- 9 - – 1 BvR 2707/95, NJW 2001, 594). Denn der kommerzielle Zusammenhang schließt es nicht aus, dass die Veröffentlichung auch der Information der Allgemeinheit dient (vgl. BGH, Urt. v. 5.10.2006 – I ZR 277/03 – kinski-klaus.de, unter II.4.c) a.E.). Der Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf kommerzielle Meinungsäußerungen und auf reine Wirtschaftswerbung, die einen wertenden, meinungsbildenden Inhalt hat, und zwar auch auf die Veröffentlichung eines Bildnisses, das die Meinungsäußerung transportiert oder ergänzt (vgl. BVerfGE 71, 162, 175; 102, 347, 359 – Benetton-Werbung; BGH, Urt. v. 14.11.1995 – VI ZR 410/94, GRUR 1996, 195, 197 = NJW 1996, 593 – Abschiedsmedaille; BGH GRUR 1997, 125, 126 – Bob-Dylan-CD; BGHZ 151, 26, 30). 16 Die vom Kläger beanstandete Werbeanzeige dient nicht ausschließlich einem Werbezweck, sondern enthält im Zusammenhang mit der Abbildung des Klägers auch eine auf ein aktuelles Ereignis bezogene politische Meinungsäußerung in Form der Satire. Indem die Beklagte den Kläger mit einem Mitarbeiter vergleicht, der bereits in der Probezeit scheitert, setzt sie sich in ironischer Weise mit dem Umstand auseinander, dass der Kläger nach kurzer Amtszeit als Finanzminister zurückgetreten ist. Dieser meinungsbildende Inhalt wird durch den offensichtlichen Werbezweck der Anzeige nicht verdrängt. 4. Die nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG im Grundsatz zulässige Verbreitung des Bildnisses des Klägers verletzt auch in der konkret beanstandeten Werbeanzeige nicht dessen berechtigte Interessen (§ 23 Abs. 2 KUG). 17 a) Nach § 23 Abs. 2 KUG erstreckt sich die Befugnis zur einwilligungsfreien Veröffentlichung von Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte nicht auf eine Verbreitung, die im Einzelfall ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt. Ob dies der Fall ist, ist aufgrund einer umfassenden, am Einzelfall orientierten Güter- und Interessenabwägung zu beantworten. Denn wegen der Eigenart des Per- 18

- 10 - sönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts fehlt es an einem absoluten Schutzbereich des Rechts; der Schutzumfang muss vielmehr jeweils durch eine Abwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden (BVerfGE 101, 361, 393; BGH, Urt. v. 12.10.1993 – VI ZR 23/93, GRUR 1994, 391, 392 = NJW 1994, 124 – Alle reden vom Klima; BGHZ 156, 206, 210). Dabei ist unter Berücksichtigung der Intensität des in Rede stehenden Eingriffs zu ermitteln, ob dem hier nur vermögenswerten Bestandteil des Persönlichkeitsrechts des Klägers ein größeres Gewicht beizumessen ist als der Rechtsposition, auf die sich die Beklagte bei der Verbreitung der Werbeanzeige unter Berufung auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG stützt. 19 b) Im Falle der Verwendung eines Bildnisses in einer Werbeanzeige wird – wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat – im Regelfall das allgemeine Persönlichkeitsrecht des ohne seine Einwilligung Abgebildeten gegenüber dem Veröffentlichungsinteresse des Werbenden überwiegen (vgl. Schricker/ Götting aaO § 60 UrhG/§ 23 KUG Rdn. 16). Denn es stellt einen wesentlichen Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, selbst darüber zu entscheiden, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll. Dabei steht allerdings der Umstand im Vordergrund, dass durch die Verwendung eines Bildnisses der Image- oder Werbewert des Abgebildeten ausgenutzt und der Eindruck erweckt wird, der Abgebildete identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt, empfehle es oder preise es an (vgl. BGHZ 20, 345, 352 – Paul Dahlke; BGH WRP 1995, 613, 614 – Chris Revue; BGHZ 151, 26, 33). c) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der erkennbare Werbezweck führe dazu, dass die Meinungsfreiheit der Beklagten gegenüber dem Persönlichkeitsrecht des Klägers zurücktreten müsse. Im Streitfall geht es ersichtlich nicht darum, einen Image- oder Werbewert des Klägers auf die beworbene unternehmerische Leistung zu übertragen. Die Anzei- 20

- 11 - ge erweckt auch nicht den Eindruck, als empfehle der Kläger das beworbene Produkt. Zwar lässt sich allein damit noch nicht begründen, dass der Kläger die Verwendung seines Bildnisses in einer Werbeanzeige hinnehmen muss. Doch führen diese Umstände sowie das gegenläufige Interesse des Werbenden, sich auch im Rahmen einer Werbeanzeige in satirisch-spöttischer Form mit einem aktuellen politischen Tagesereignis auseinandersetzen zu können, dazu, dass das Interesse des Klägers, die Verwendung seines Bildnisses in der Werbung zu verhindern, zurücktreten muss. 21 Die Beklagte nimmt den Rücktritt des Klägers als Finanzminister zum Anlass für ihren als Satire verfassten Werbespruch, ohne über eine bloße Aufmerksamkeitswerbung hinaus die Person des Klägers als Vorspann zur Anpreisung ihrer Dienstleistung zu vermarkten. Die Abbildung des Klägers behält im Rahmen der Werbeanzeige ihre Zuordnung zu dem kommentierten politischen Zeitgeschehen. Die Anzeige verwendet eine kontextneutrale Porträtaufnahme, die sich in Größe und Anordnung in die ebenfalls in der Werbeanzeige enthaltenen Porträtaufnahmen der weiteren fünfzehn Mitglieder des Kabinetts einreiht. Diese Abbildungen sind Teil der satirischen Auseinandersetzung der Beklagten mit dem Zeitgeschehen, in dessen Mittelpunkt der Kläger steht. Auch wenn die politische Auseinandersetzung im Rahmen einer Werbeanzeige erfolgt und von der Beklagten eingesetzt wird, um die Aufmerksamkeit auf ihr Leasinggeschäft zu lenken, steht sie unter dem besonderen Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). Im Streitfall muss das Interesse des Klägers, nicht ohne seine Erlaubnis in einer Werbeanzeige abgebildet zu werden, gegenüber der Ausübung dieses Freiheitsrechts zurücktreten. Die Werbung berührt lediglich den zivilrechtlich, nicht verfassungsrechtlich begründeten Schutz der vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts (vgl. BVerfG WRP 2006, 1361 Tz 27 ff.). Die ideellen Teile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, deren Schutz durch die Menschenwürde-

- 12 - garantie von Verfassungs wegen geboten ist, sind im Streitfall nicht betroffen. Eine Beschädigung des Ansehens des Klägers durch die beanstandete Anzeige steht nicht zur Debatte. 5. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Da die Sache zur Entscheidung reif ist, ist die Klage abzuweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO). 22 III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. 23

Ullmann Bornkamm Pokrant

Schaffert Bergmann

Vorinstanzen:

LG Hamburg, Entscheidung vom 09.01.2004 - 324 O 554/03 - OLG Hamburg, Entscheidung vom 09.11.2004 - 7 U 18/04 -

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