Arme Sau - erlaubt
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::Bei der streitgegenständlichen Aussage “Er braucht es eben, im Zenit der Aufmerksamkeit zu stehen. Aber im Grunde ist er eine arme Sau - und das weiß er auch” handelt es sich im Kontext der Berichterstattung um eine zulässige Meinungsäußerung. Eine Meinungsäußerung liegt vor, wenn eine Äußerung nicht dem Beweise zugänglich ist, sich insbesondere nicht mit dem Kriterium “wahr oder unwahr“ messen lässt, sondern vom Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet ist, also einen Vorgang oder Zustand an einem vorn Kritiker gewählten Maßstab misst (vgl. BVerfG NJW 1983, 1415). So verhält es sich hier. Der zitierte Musikerkollege des Klägers äußert sich hier erkennbar rein wertend über die Persönlichkeit des Klägers. Soweit der Kläger die Bezeichnung “arme Sau” als Schmähkritik auffasst, vermag sich das Gericht dieser Auffassung nicht anzuschließen. Dies setzte voraus, dass es sich nicht um eine sachbezogene Äußerungen handelt, sondern vielmehr die Schmähung in den Vordergrund tritt, es sich also Äußerungen handelt, die den Angriff auf die Person bezwecken, ohne der sachbezogenen Kritik zu dienen. In diesen Fällen tritt der Schutz der Freiheit der Rede regelmäßig zurück (vgl. BVerfG, BVerfGE 82, 272). So verhält es sich hier indes nicht. Die Redewendung “Arme Sau” bezeichnet umgangssprachlich einen bemitleidenswerten Menschen. Eine Vergleichbarkeit mit der Titulierung als “Schwein“ oder “Sau“ oder ähnlichen Formalbeleidigungen ist also nicht ohne weiteres gegeben. Die Bezeichnung lässt vorliegend auch nichtjeden Sachbezug fehlen, sondern gründet auf der vom Kläger jedenfalls nicht als unwahr angegriffenen Darstellung, wonach er, der in der Öffentlichkeit für sein Selbstbewusstsein und sein harsches Umgehen mit anderen bekannt ist, tatsächlich weit weniger gut mit eigenen Rückschlägen und Niederlagen umzugehen vermag. | ::Bei der streitgegenständlichen Aussage “Er braucht es eben, im Zenit der Aufmerksamkeit zu stehen. Aber im Grunde ist er eine arme Sau - und das weiß er auch” handelt es sich im Kontext der Berichterstattung um eine zulässige Meinungsäußerung. Eine Meinungsäußerung liegt vor, wenn eine Äußerung nicht dem Beweise zugänglich ist, sich insbesondere nicht mit dem Kriterium “wahr oder unwahr“ messen lässt, sondern vom Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet ist, also einen Vorgang oder Zustand an einem vorn Kritiker gewählten Maßstab misst (vgl. BVerfG NJW 1983, 1415). So verhält es sich hier. Der zitierte Musikerkollege des Klägers äußert sich hier erkennbar rein wertend über die Persönlichkeit des Klägers. Soweit der Kläger die Bezeichnung “arme Sau” als Schmähkritik auffasst, vermag sich das Gericht dieser Auffassung nicht anzuschließen. Dies setzte voraus, dass es sich nicht um eine sachbezogene Äußerungen handelt, sondern vielmehr die Schmähung in den Vordergrund tritt, es sich also Äußerungen handelt, die den Angriff auf die Person bezwecken, ohne der sachbezogenen Kritik zu dienen. In diesen Fällen tritt der Schutz der Freiheit der Rede regelmäßig zurück (vgl. BVerfG, BVerfGE 82, 272). So verhält es sich hier indes nicht. Die Redewendung “Arme Sau” bezeichnet umgangssprachlich einen bemitleidenswerten Menschen. Eine Vergleichbarkeit mit der Titulierung als “Schwein“ oder “Sau“ oder ähnlichen Formalbeleidigungen ist also nicht ohne weiteres gegeben. Die Bezeichnung lässt vorliegend auch nichtjeden Sachbezug fehlen, sondern gründet auf der vom Kläger jedenfalls nicht als unwahr angegriffenen Darstellung, wonach er, der in der Öffentlichkeit für sein Selbstbewusstsein und sein harsches Umgehen mit anderen bekannt ist, tatsächlich weit weniger gut mit eigenen Rückschlägen und Niederlagen umzugehen vermag. | ||
- | ::Soweit in der streitgegenständlichen Passage der Inhalts eines privaten Telefonats wiedergegeben wird, liegt hierin nach Ansicht des Gerichts kein unzulässiger Eingriff in die Privatsphäre des Klägers. Dabei kann dahinstehen, ob vorliegend tatsächlich die Privatsphäre oder nur die Sozialsphäre tangiert ist. Für letzteres spricht, dass es im Telefonat letztlich um das berufliche Wirken des Klägers ging (Reaktion auf schlechte Plattenverkäufe), andererseits wird auf die Gemütsverfassung des Klägers verwiesen, die eher dem Bereich des “Privaten” zuzuordnen sein dürfte (siehe zur Abgrenzung BGH MMR 2012, 256). Von entscheidender Bedeutung ist vielmehr, dass sich der Kläger in der Vergangenheit, gerade auch in dem die Berichterstattung der Beklagten auslösenden “Stern“-Interview, durchaus ausführlich zu seiner Gefühlslage und seiner “schwächeren Seite” geäußert hat. Insofern gilt, dass derjenige, der sich in der Öffentlichkeit präsentiert, die Respektierung eines Geheimhaltungswillens, wie er im Hinblick auf private Gespräche bestehen mag, nur in geringerem Maße fordern kann als derjenige, der grundsätzlich gegen jede Veröffentlichung | + | ::Soweit in der streitgegenständlichen Passage der Inhalts eines privaten Telefonats wiedergegeben wird, liegt hierin nach Ansicht des Gerichts kein unzulässiger Eingriff in die Privatsphäre des Klägers. Dabei kann dahinstehen, ob vorliegend tatsächlich die Privatsphäre oder nur die Sozialsphäre tangiert ist. Für letzteres spricht, dass es im Telefonat letztlich um das berufliche Wirken des Klägers ging (Reaktion auf schlechte Plattenverkäufe), andererseits wird auf die Gemütsverfassung des Klägers verwiesen, die eher dem Bereich des “Privaten” zuzuordnen sein dürfte (siehe zur Abgrenzung BGH MMR 2012, 256). Von entscheidender Bedeutung ist vielmehr, dass sich der Kläger in der Vergangenheit, gerade auch in dem die Berichterstattung der Beklagten auslösenden “Stern“-Interview, durchaus ausführlich zu seiner Gefühlslage und seiner “schwächeren Seite” geäußert hat. Insofern gilt, dass derjenige, der sich in der Öffentlichkeit präsentiert, die Respektierung eines Geheimhaltungswillens, wie er im Hinblick auf private Gespräche bestehen mag, nur in geringerem Maße fordern kann als derjenige, der grundsätzlich gegen jede Veröffentlichung privater Aspekte seines Lebens vorgeht (vgl. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Rn. 5.42). Vor diesem Hintergrund erscheint es auch nicht als angebracht, bei der nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gebotenen Abwägung mit den Rechten der Beklagten aus Art. 5 Abs. 1 GG dem Persönlichkeitsrecht des Klägers den Vorrang einzuräumen. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass der Artikel sich durchaus nicht darauf beschränkt, lediglich die Neugier der Leser oder Zuschauer nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen zu befriedigen (vgl. BGH NJW 2008, 1793, 1796), sondern mit der Darstellung der Diskrepanz zwischen medialer Selbstdarstellung und tatsächlichem Gemütszustand des Klägers durchaus einen Beitrag zur Meinungsbildung leistet. |
- | privater Aspekte seines Lebens vorgeht (vgl. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Rn. 5.42). Vor diesem Hintergrund erscheint es auch nicht als angebracht, bei der nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gebotenen Abwägung mit den Rechten der Beklagten aus Art. 5 Abs. 1 GG dem Persönlichkeitsrecht des Klägers den Vorrang einzuräumen. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass der Artikel sich durchaus nicht darauf beschränkt, lediglich die Neugier der Leser oder Zuschauer nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen zu befriedigen (vgl. BGH NJW 2008, 1793, 1796), sondern mit der Darstellung der Diskrepanz zwischen medialer Selbstdarstellung und tatsächlichem Gemütszustand des Klägers durchaus einen Beitrag zur Meinungsbildung leistet. | + | |
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Aktuelle Version
Äußerung "Bohlen sei eine arme Sau" kann erlaubt sein.
[bearbeiten] Urteil
Urteil - 17.09.2012 - Amtsgericht Hamburg-Mitte Az. 32 C 57/12
Kläger: Dieter Bohlen, vertrteen von dwer Kanzlei Nesselhauf
Beklagter: Zeitschrift "Freizeit Spaß", vertreten von der Kanzlei Prof. Schweizer
Richterrin am Amntsgericht: Feustel
Aus dem Urteil:
- In der Ausgabe vom 8. Oktober 2008 (Nr. 42/2008) erschien ein Artikel unter der Überschrift „…-Erschütterndes Interview”, in dem es aus Anlass eines der Zeitschrift “Stern” gegebenen Interview des Klägers um persönliche Krisen im Leben des Klägers geht. In der Berichterstattung kommt auch ein ehemaliger Chorsägers des Klägers, Herr …, zu Wort, der sich zu seiner Zusammenarbeit mit dem Kläger äußert. Hierzu heißt es in dem Artikel:
- “Als es ihm schlecht ging, rief er mich oft an und heulte sich bei mir aus. Er braucht es eben, im Zenit der Aufmerksamkeit zu stehen. Aber im Grunde ist er eine arme Sau - und das weiß er auch”
- Bei der streitgegenständlichen Aussage “Er braucht es eben, im Zenit der Aufmerksamkeit zu stehen. Aber im Grunde ist er eine arme Sau - und das weiß er auch” handelt es sich im Kontext der Berichterstattung um eine zulässige Meinungsäußerung. Eine Meinungsäußerung liegt vor, wenn eine Äußerung nicht dem Beweise zugänglich ist, sich insbesondere nicht mit dem Kriterium “wahr oder unwahr“ messen lässt, sondern vom Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet ist, also einen Vorgang oder Zustand an einem vorn Kritiker gewählten Maßstab misst (vgl. BVerfG NJW 1983, 1415). So verhält es sich hier. Der zitierte Musikerkollege des Klägers äußert sich hier erkennbar rein wertend über die Persönlichkeit des Klägers. Soweit der Kläger die Bezeichnung “arme Sau” als Schmähkritik auffasst, vermag sich das Gericht dieser Auffassung nicht anzuschließen. Dies setzte voraus, dass es sich nicht um eine sachbezogene Äußerungen handelt, sondern vielmehr die Schmähung in den Vordergrund tritt, es sich also Äußerungen handelt, die den Angriff auf die Person bezwecken, ohne der sachbezogenen Kritik zu dienen. In diesen Fällen tritt der Schutz der Freiheit der Rede regelmäßig zurück (vgl. BVerfG, BVerfGE 82, 272). So verhält es sich hier indes nicht. Die Redewendung “Arme Sau” bezeichnet umgangssprachlich einen bemitleidenswerten Menschen. Eine Vergleichbarkeit mit der Titulierung als “Schwein“ oder “Sau“ oder ähnlichen Formalbeleidigungen ist also nicht ohne weiteres gegeben. Die Bezeichnung lässt vorliegend auch nichtjeden Sachbezug fehlen, sondern gründet auf der vom Kläger jedenfalls nicht als unwahr angegriffenen Darstellung, wonach er, der in der Öffentlichkeit für sein Selbstbewusstsein und sein harsches Umgehen mit anderen bekannt ist, tatsächlich weit weniger gut mit eigenen Rückschlägen und Niederlagen umzugehen vermag.
- Soweit in der streitgegenständlichen Passage der Inhalts eines privaten Telefonats wiedergegeben wird, liegt hierin nach Ansicht des Gerichts kein unzulässiger Eingriff in die Privatsphäre des Klägers. Dabei kann dahinstehen, ob vorliegend tatsächlich die Privatsphäre oder nur die Sozialsphäre tangiert ist. Für letzteres spricht, dass es im Telefonat letztlich um das berufliche Wirken des Klägers ging (Reaktion auf schlechte Plattenverkäufe), andererseits wird auf die Gemütsverfassung des Klägers verwiesen, die eher dem Bereich des “Privaten” zuzuordnen sein dürfte (siehe zur Abgrenzung BGH MMR 2012, 256). Von entscheidender Bedeutung ist vielmehr, dass sich der Kläger in der Vergangenheit, gerade auch in dem die Berichterstattung der Beklagten auslösenden “Stern“-Interview, durchaus ausführlich zu seiner Gefühlslage und seiner “schwächeren Seite” geäußert hat. Insofern gilt, dass derjenige, der sich in der Öffentlichkeit präsentiert, die Respektierung eines Geheimhaltungswillens, wie er im Hinblick auf private Gespräche bestehen mag, nur in geringerem Maße fordern kann als derjenige, der grundsätzlich gegen jede Veröffentlichung privater Aspekte seines Lebens vorgeht (vgl. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Rn. 5.42). Vor diesem Hintergrund erscheint es auch nicht als angebracht, bei der nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gebotenen Abwägung mit den Rechten der Beklagten aus Art. 5 Abs. 1 GG dem Persönlichkeitsrecht des Klägers den Vorrang einzuräumen. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass der Artikel sich durchaus nicht darauf beschränkt, lediglich die Neugier der Leser oder Zuschauer nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen zu befriedigen (vgl. BGH NJW 2008, 1793, 1796), sondern mit der Darstellung der Diskrepanz zwischen medialer Selbstdarstellung und tatsächlichem Gemütszustand des Klägers durchaus einen Beitrag zur Meinungsbildung leistet.